Unterforderung kann zu schweren Störungen führen

erstellt am: 16.06.2014 | von: Heinz Wyssling | Kategorie(n): Boreout, Kompetenz, Leistung, Motivation

Ich bin Mitte 30, im mittleren Management einer Verwaltung tätig und fühle mich zunehmend gelangweilt und unterfordert. Ich schlafe schlecht, bin nicht mehr motiviert und erlebe meine Arbeit immer weniger als sinnvoll. Meine Partnerin hat mich des Öfteren schon auf meine schlechte Laune hingewiesen. Was raten Sie mir?

R. A., Zürich

Lieber Herr A.

«Meine Arbeit ist stressig.» Diese Klage kennen wir alle. Wenn die Stressbelastung nicht abgebaut werden kann, entwickelt sie sich zu einem Burn-out. Das gegenteilige Leiden macht (noch) wenig von sich reden – das Bore-out. Die Langeweile im Beruf kann ebenso krank ­machen wie die stressbedingte Erschöpfung. Wer regelmässig zu wenig zu tun hat und/oder unterfordert ist, hat ein ernst zu nehmendes Problem. Morgens ein paar E-Mails rausgehauen und dann bis Feierabend die Minuten gezählt? Das kommt nicht gut an in unserer Leistungsgesellschaft. Doch genau in diesem Dilemma – ich hab nichts zu tun, hoffentlich merkt es keiner – entwickeln sich beim Betroffenen die gleichen Erscheinungen, wie wir es vom Burn-out her kennen.

Die Unterforderung entsteht entweder durch eine geringe Menge der Arbeit oder dadurch, dass die Qualifikation des Beschäftigten höher ist, als es seine beruflichen Aufgaben erfordern, und er sich deshalb geistig unterfordert fühlt. Typische Symptome sind Konzentrations- und Schlafstörungen, Antriebslosigkeit, Vergesslichkeit bis hin zu Depressionen, und das beschränkt sich irgendwann nicht mehr nur auf den Job. So etwas pflanzt sich ins Private fort und löst unter Umständen einen sozialen Rückzug aus. Neben chronischer Unterbeschäftigung gibt es einen zweiten wichtigen Grund für Unterforderung: zu viel Routine bei Menschen mit hoher Qualifikation. Es gibt die quantitative Unterforderung: Es hat zu wenig Arbeit. Diese Situation taucht häufig auf und wird durch eine Umfrage von Salary.com bestätigt. Und es gibt die qualitative Unterforderung: Ehemals hoch qualifizierte Berufe, mit viel Verantwortung und reich an Entscheidungen, werden simpler. Der Mitarbeiter verschleisst sich in öden Routinetätigkeiten. Beim Bore-out ist die Führung gefordert.

Wenn Sie das Thema wegen Angst vor Kündigung nicht ansprechen wollen, kontaktieren Sie einen HR-Verantwortlichen in Ihrer Firma. Das Ziel ist, dass Sie eine Aufgabe bekommen, die kongruent ist zu Ihren Stärken. Weitere Informationen: www.boreout.com.

Gut zu wissen, Tages Anzeiger vom 16. Juni 2014



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